Biographie

Die Vorfahren von Walter Moras stammten aus einem rheinischen Rittergeschlecht. Es verzweigte sich im Mittelalter nach Frankreich und Spanien. Der erste in der Genealogie erneut in Deutschland verzeichnete Namensträger war Theodor Moras, Ratsherr in Köln. Er verstarb dort 1730.

Seine Nachkommen waren in Köln als Advokaten und Beamte tätig. Der Großvater von Walter Moras war Steuereinnehmer in Doveren. 1845 siedelte sein Vater Carl Joseph August Moras nach Berlin über und ließ sich hier als Kaufmann nieder. Kurz darauf lernte er seine Braut Anna Marianne Louise Werner kennen. Beide heiraten 1847. Ab 1854 ist August Moras im Berliner Adressbuch, Neu-Kölln, am Wasser 6-7 als Kaufmann, Commisions- und Seidenhändler eingetragen.

Hier wird Walter Moras am 20. Januar 1856 geboren und in der St. Markuskirche am 28.02. des Jahres getauft. Bald darauf bezieht die Familie eine größere Wohnung in der Wallstraße im Zentrum der preußischen Hauptstadt. Die Geschäfte gehen gut. Von 1868 an betreibt August Moras sein Geschäft in der Prinzenstraße, ab 1870 in der Neanderstraße.

Zu der weit verzweigten Berliner Verwandtschaft der Mutter von Walter Moras gehören auch ein Maler und Besitzer eines Ateliers für kunstvolles Zeichnen, ein Genremaler und zwei Porzellanmaler. Außerdem eine Königliche Schauspielerin und ein Theater-Inspector. Offensichtlich weckte Anna Moras bei ihrem geliebten spät geborenen Sohn das Interesse und die Liebe zur Kunst und zur Malerei.

In der Behrenstraße, unweit der Neanderstraße, hatte der bekannte Landschafts- und Marinemaler Hermann Eschke (1823-1900) sein Atelier und betrieb sehr erfolgreich eine Malschule. Die Eltern von Walter Moras scheuten weder Geld noch Mühe, um ihrem inzwischen erwachsenen Sohn dort den Unterricht zu ermöglichen. Aus der Malschule von Hermann Eschke war auch Louis Douzette (1834-1924) hervorgegangen. Die Bilder von Eschke und Douzette galten als High-lights der Landschaftsmalerei auf den Ausstellungen der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin. Wahrscheinlich hat Walter Moras auch gemeinsam mit Richard Eschke (1859-1944), dem nur drei Jahre jüngeren Sohn seines Lehrers im Malsaal gesessen.

Obgleich sich August Moras 1873 zur Ruhe setzte und 1874 mit Ehefrau Anna und Sohn Walter eine Wohnung Wohnung in der Lankwitzer Straße im Südwesten von Berlin bezog, reichte das erworbene Vermögen aus, um dem 18jährigen Walter Moras eine Studienreise nach Norwegen zu ermöglichen.

Norwegen war damals das Sehnsuchtsland der Deutschen. Der Kaiser reiste dorthin. Die Theaterstücke des norwegischen Dramatikers Hendrik Ibsen hielten Einzug auf den Berliner Bühnen. Edward Griegs Musik erklang in allen Konzertsälen. Die wilde norwegische Landschaft zog immer mehr Maler aus Deutschland in ihren Bann. In der Malschule von Herrmann Eschke waren Reisen nach Norwegen quasi ein Muss. Er selbst malte dort, Louis Douzette, später auch der junge Richard Eschke.

So war es nicht verwunderlich, dass das erste Gemälde, mit dem sich der 20zig jährige Walter Moras vor der kritischen Jury der Berliner Akademischen Kunstausstellung 1876 durchsetzen konnte, ein Bild mit dem Titel „Marine, norwegische Küste“ war. Von nun stellte Walter Moras zur Freude seiner Eltern ständig Bilder auf der Berl. ak. KA. aus. 1884 konnte er dort das Gemälde „Mondnacht, Hafen von Amsterdamm“ als ‚verkauft’ präsentieren. 1886 fand sein Bild „Mondschein, Motiv aus Anklam“ einen Käufer.

1881 hatte sich sich Walter Moras in der elterlichen Wohnung in der Lankwitzer Straße offiziell als „Marinemaler“ eintragen lassen. In dieser Zeit lernte er auch seine spätere Frau Ida Baluschek kennen, 1860 geboren, Tochter eines Berliner Ingenieurs. Die frisch Vermählten bezogen eine Wohnung in der Königgrätzer Straße. Am 14. Oktober 1883 kam dort beider Sohn Otto Max Bruno Moras zur Welt. Walter Moras nennt sich jetzt nicht mehr „Marinemaler“, sondern „Landsch. und Architekt. Maler.“ Häufige Wohnungswechsel verdeutlichen die schwierige finanzielle Lage der jungen Familie.

Walter Moras war in diesen Jahren als Pleinair-Maler ständig in Norddeutschland unterwegs. Er bereiste Mecklenburg, Pommern, Rügen und schließlich sogar Ostpreußen. Auch das märkische Umland von Berlin bot ihm viele Motive.

Bekannt wurden „Kartoffelernte“ und „Abenddämmerung“ durch die Berl. ak. KA 1887, „Frühlingslandschaft“, „Ostseestrand“ und „Märkisches Dorf im Frühling“ (Berliner ak. KA 88). Das Gemälde „Dorf Göhren auf Rügen“ erhielt 1890 sogar eine Abbildung im Katalog der Berl. Ak. KA .

Ab 1890 war Walter Moras auch mehrfach auf der renommierten Gemäldeausstellung des Bremer Kunstvereins präsent, u. a. mit dem Bild „ Fischerdorf auf Rügen“. Im gleichen Jahr beteiligte er sich außerdem an der Internationalen Münchner Kunstausstellung mit dem Bild „Torfmoor in Ostpreußen“.

In dieser äußerst fruchtbaren Schaffensperiode entstanden viele seiner sehr realitätsnahen Landschaftsbilder, so „Märkische Landschaft mit Reisigsammlerin“, „Gänsehirtin an der Dorfstraße“, „Verschneite Dorflandschaft“, „Abendfrieden, Auenlandschaft mit Windmühle im Mondenschein“, „Winterabend“, „Teichlandschaft mit Gehöft in der Abendsonne“, „Mecklenburger Küstenlandschaft“ sowie die schönen kleinformatigen Bilder „Darßer Fischerhäuser am Bodden“ und „Abendstimmung am Seeufer“.
Aquarelle waren seine Sache nicht. Mit Wasserfarben malte er u.a. eine „Weite märkische Landschaft mit einem Pferdefuhrwerk auf der Landstraße“, ein „Fischerdorf“ und als Pastell „Birken im Herbst“.

1891 starb sein Vater August Moras. Das Erbe und eine für Walter Moras sehr wichtige Geschäftsbeziehung ermöglichten ihm, sich und seiner Familie kurz hintereinander größere Wohnungen in der Gneisenaustraße, am Waterlooufer und am Tempelhofer Ufer zu mieten.

In den Jahren 1892 bis 1894 versteigerte der bekannte Kunsthändler Rudolph Lepke 16 Gemälde und ein Aquarell von Walter Moras. Das Geld reichte jetzt für ein eigenes Atelier in der Belle-Alliancestraße und eine Reise nach Italien. Dabei entstanden das Aquarell „Am Vierwaldstätter See in der Abenddämmerung“ sowie die Ölgemälde „Die Mühle bei Marburg“, „Schnee im Engadin“ und „Ansicht von Verona an der Etsch“.

Doch den eigentlichen künstlerischen Neuimpuls fand Walter Moras im Spreewald. Die um die Jahrhundertwende entstandenen großformatigen Landschaftsbilder trugen ihm den Beinamen des Spreewaldmalers ein. Auch Richard Eschke malte damals häufig im Spreewald. Für die Berliner war die romantische Spreewaldlandschaft gut erreichbar und nach einem Urlaub dort wollte das wohlhabende Bürgertum seine Häuser gerne mit qualitätvoll gemalten Erinnerungsbildern schmücken. Vom Verkauf dieser Bilder konnte sich Walter Moras 1904 eine komfortable Wohnung in der Potsdamer Straße leisten, in der er bis zu seinem Tod im Jahr 1925 lebte. Immer wieder besuchte er in den Sommermonaten den Spreewald. In dem Fotografen Magnus Brunkhorst erwuchs ihm dort ein Freund und Mäzen. Im Jahr 1913 fand in der Kunsthandlung Brunkhorst in Lübben eine Spreewaldausstellung statt, mit 14 Bildern von Walter Moras. Sie verkauften sich gut und haben als Privatbesitz von Sammlern glücklicherweise die Kriege und Krisen des 20. Jahrhunderts gut überstanden.

Noch ein anderer glücklicher Umstand trug dazu bei, dass außerhalb von Berlin viele Bilder von Walter Moras die Zeiten überdauerten. 1904 kam ein jüngerer Cousin von Walter Moras, der Ingenieur Ferdinand Moras, aus dem Ruhrgebiet nach Berlin. Nach dem ersten Weltkrieg begründete er in Berlin als Geschäftsführer sogar eine Apparatebaufirma. Es steht zu vermuten, dass Walter Moras und Ferdinand Moras familiär miteinander verkehrten. So fand der Erfolg des Berliner Malers Widerhall in heimatlichen rheinischen Gefilden und eröffnete dort den Markt bei neuen Liebhabern seiner Bilder.

Als Hauptschaffensperiode Walter Moras wurden von Thieme-Becker die Jahre von 1876 bis 1910 festgeschrieben. Sicher beteiligte er sich später nicht mehr an Ausstellungen. Aber für den Kunstmarkt war er weiterhin produktiv. Er schuf naturnahe Waldlandschaften und stimmungsvolle Winterbilder. Viele Motive malte er mehrmals mit kleinen Veränderungen. Wahrscheinlich dienten ihm jetzt Fotos als Vorlagen. Eine Praxis, die mit der Weiterentwicklung der Fotographie bei vielen Landschaftsmalern üblich wurde.

Der Schnee auf den meist großformatigen Gemälden ist jetzt weißer und leuchtender als auf seinen frühen Bildern. Die Waldlandschaften sind verträumter und genauer im Detail. Warme Farbtöne machen den besonderen Reiz aus. Menschen sind nur noch Personenstaffage. Diese großen Ölgemälde sind meistens perfekt ausgeführt, kunstvoll in Perspektive und Komposition. Walter Moras malt nicht mehr, was er sieht, sondern was die Käufer sehen möchten. Als Maler gehört er zu den Traditionalisten, die Vermarktung seiner Bilder betreibt er sehr modern.

Der erste Weltkrieg und die Nachkriegszeiten bringen den Bilderhandel generell weitgehend zum Erliegen. Doch trotz der drohenden Inflation eröffnen sich für Walter Moras 1920 neue Chancen. Noch immer ist er im Berliner Adressbuch in der Potsdamerstraße 121 als „Kunstmaler“ eingetragen, sogar mit Telefon. In unmittelbarer Nähe von seiner Wohnung in der Potsdamer Straße 122 kommt es im gleichen Jahr durch Hans Carl Krüger, einem engen Mitarbeiter des 1904 verstorbenen Rudoph Lepke zu einer Neugründung von „Lepkes Kunst- und Aktionshaus“.

Vom Vater ausgebildet tritt der Sohn von Walter Moras in dessen Fußstapfen. Inzwischen mit Emma Ithner aus Köslin in Pommern verheiratet, bezieht Otto Max Bruno Moras als „Landschafts- und Jagdmaler“ 1921 eine eigene Wohnung in der Bülowstraße. Seine Gemälde, Winterlandschaften und Spreewaldbilder, sehen denen seines Vaters zum Verwechseln ähnlich. Aber ihnen fehlt der eigenartige Zauber, den die Bilder von Walter Moras ausstrahlen. Wahrscheinlich hat Bruno Moras den Nachlass seines Vaters gut vermarktet.
Er wohnt weiter im teuren Berliner Westen. 1936 bezieht er eine Wohnung am Nollendorfplatz. Hier stirbt er 1939.

Die Bilder von Walter Moras sind bis heute lebendig und erfreuen viele Sammler und Liebhaber. Diese Biographie ist ein Versuch, ein Bild vom Maler selbst zu vermitteln.